Der Skandal um gehackte Telefone, die Zeitung “News of the World” und Rupert Murdoch hat in England 2011 sehr hohe Wellen geschlagen. Bei uns fand dieser Vorgang jedoch weniger Beachtung.
Was war passiert? Die Geschichte begann sehr früh: 1968 kaufte der australische Zeitungsverleger Rupert Murdoch die englische Zeitung “News of the World” und im Jahr darauf “The Sun”. Beide wandelte er zu Boulevardblättern um.
Das Boulevard lebt von Skandalen,
und Skandale leben davon, dass Zeitungen etwas enthüllen, was den Betroffenen nicht recht sein kann. Redakteure der “News of the World” hatten sich über die Jahre ein Netz von Informanten zugelegt, die sie mit heiklen Informationen versorgen. Je besser die Information, um so besser die Bezahlung. Jonathan Rees war so ein Informant, der ab den 1990er Jahren nicht nur einfach Tipps weiter gegeben hat, sondern selbst aktiv auf der Suche nach Informationen war. Zusammen mit dem später ermordeten Daniel Morgan gründete er das Detektivbüro “Southern Investigations”, welches die News of the World, den Daily Mirror und den Sunday Mirror mit auf illegale Weise beschafften Informationen versorgte. Er verdiente damit etwa 150.000 Pfund pro Jahr (ca. 175.000 €). Sein Kontakt bei der “News of the World” war der Redakteur Alex Marunchak. Dem konnte jedoch nie nachgewiesen werden, dass er wusste, mit welchen Mitteln sich Rees Informationen verschaffte.
Wie kam Rees an Informationen?
- Kontakte bei der Polizei verkauften ihm verbotenerweise Informationen.
- Er beschäftigte Blagger. Diese rufen unter falschem Namen bei Banken, Versicherungen, Finanzämtern, Telefongesellschaften oder Zulassungsbehörden an und versuchen die Gesprächspartner mit Tricks dazu zu bewegen, ihnen Informationen zu geben. So wurden z.B. die Kontoinformationen der königlichen Familie gestohlen.
- Er gab Einbrüche in Auftrag. Bei einem Einbruch in eine Anwaltskanzlei wurden Unterlagen gestohlen, aus denen später nachweislich Informationen bei “News of the World” auftauchten.
- Er lies Computer hacken. Bekannt wurde, dass der Computer des Geheimdienstoffiziers Ian Hurst über eine E-Mail infiziert wurde, die einen Trojaner enthielt.
- Er betätigte sich als “Phonehacker”.
Wie funktioniert “Phonehacking”?
Anders als der Name sagt, werden Telefone nicht “gehackt”, sondern man verschafft sich unerlaubt Zugriff auf die Nachrichten, die von den Anrufbeantwortern der Mobiltelefone aufgezeichnet wurden.
Um das zu erreichen, muss zunächst die Telefonnummer des Opfers herausgefunden werden. Je nach Telefongesellschaft, bei der die Nummer registriert ist, ruft man dann die zentrale Servicenummer an, die damals oft auch per Festnetz zu erreichen war. Dort gab man zur Identifikation die Mobilnummer sowie eine 4-stellige PIN an. Wenn der Besitzer der Mobiltelefonnummer diese nicht verändert hatte, konnte man die Standard-PIN des Telefonanbieters verwenden und die Nachrichten abhören.
Falls die PIN geändert wurde, versuchte man es mit den gängigsten Nummern wie 0000 oder 1234, oder dem Geburtstag des Opfers bzw. einer ihm nahestehenden Person. Falls das nichts half, konnte man noch beim Kundendienst anrufen und einfach behaupten, man wäre der Besitzer des Telefons und ein Rücksetzen der PIN auf die Standard-PIN erwirken.
Mitte der 2000er stellten die Telefonanbieter um. Ab dann konnte man nur noch vom Mobiltelefon selbst die Nachrichten abrufen. Dazu wurde die “Caller-ID” verwendet: Das Telefon sendet die eigene Nummer an den Anrufer und der Anrufer kann dann vor Annehmen des Gesprächs sehen, wer da anruft. Wenn man technisch versiert ist, ist es jedoch nicht besonders schwer, eine andere Nummer als die eigene zu übermitteln (Caller-ID Spoofing).
Erst ab 2011 wurde das Verfahren geändert. Bevor der Anrufbeantworterdienst benutzt werden kann, muss eine PIN eingerichtet werden.